Klabund: Romane der Leidenschaft (Werke Bd. 3)
Klabund:
»Romane der Leidenschaft«
Moireau, Pjotr, Rasputin, Mohammed
Herausgegeben von Christian v. Zimmermann
1999, 2., ergänzte Aufl. 2017, Ln., 328 S.
€ 40 [D] / € 41,20 [A] / sFr 57,90
Bei Subskription der Gesamtausgabe: € 35
ISBN 978-3-932245-13-8
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Buch

Band 3 der 8-bändigen Werkausgabe.
Er enthält die in der postum 1930 erschienenen Werkausgabe unter dem Titel »Romane der Leidenschaft« versammelten Texte »Moreau. Roman eines Soldaten«, »Pjotr. Roman eines Zaren«, »Rasputin« und »Mohammed. Roman eines Propheten«.
Ein Kommentar mit Erläuterungen sowie Hinweisen zu Text-Varianten und zur Editionsgeschichte rundet diesen Band ab.
Bibliophil in schwarzes Leinen gebunden, mit goldener Prägung des Klabund-Schriftzugs, Fadenheftung und rotem Lesebändchen.

Autor

Klabund, d. i. Alfred Henschke (1890–1928), veröffentlichte von 1912 an nicht weniger als 76 Bücher, darunter Gedichtbände, Romane, Dramen, eine Vielzahl von Erzählungen, Schauspielbearbeitungen, Nachdichtungen östlicher Lyrik und Schauspiele. Er studierte in München und Berlin und war mit der Schauspielerin Carola Neher verheiratet. Im »Dritten Reich« wurden Klabunds Bücher als Asphaltliteratur verboten. Seitdem blieb eine eigentliche Wiederentdeckung aus. Im Elfenbein Verlag erschien neben der achtbändigen Werkausgabe auch der bibliophil gestaltete Band »Dumpfe Trommel und berauschtes Gong. Nachdichtungen chinesischer Kriegslyrik«.

Auszug

Pjotr ist geboren.
Don, Dnjepr, Wolga, Oka treten über ihre Ufer.
Schlamm wälzt sich über die Weizenfelder, und viele Menschen ertrinken.
Winterblumen neigen gebrochen ihre Häupter.
Die Haselmäuse pfeifen vor Angst. Der Wind nimmt ihre Pfiffe und bläst sie mit dicken Backen zu Posaunentönen auf, bis sie kreischend zerplatzen.
Die Bäume weinen Harz.
Auf tanzenden Eisschollen segeln erfrorene Schwäne. Ihre grünen Augen glänzen wie Smaragde.
Frösche treiben, die bläulichen Bäuche nach oben. Ihre Leiber sind durchbohrt von Wasserkäfern, die vollgefressen tot in den Löchern nisten: die braunen Rückenschalen weiß glasiert.
Es hat roten Schnee geschneit.
Auf der Waldai blüht mitten im Winter der Fingerhut.
Feuer fiel vom Himmel aus den Händen Gottes. Tausend Dörfer flammten. Die jungen Störche auf den Strohdächern wurden in ihren Nestern lebendig geröstet. In den Rauch- und Rußwolken strichen die alten Störche und klapperten grell und verzweifelt mit ihren langen Schnäbeln, als klirrten Schwerter aneinander.
Sie suchten ihren Feind und fanden ihn nicht.
Im Himmel saß der und schlief auf seinem Thron aus Lapislazuli. Er selber war anzusehen wie ein Diamant: klar und durchsichtig glänzend. Seine Augen helle Saphire, sein Herz ein dunkelroter Rubin. Um seine fröstelnde Schulter lag wie ein seidener Schal ein Regenbogen.
Sieben Fackeln brannten um seinen Thron.
Im Schlaf hatte er mit steinernem Arm eine Fackel, einen Stern vom siebenarmigen goldenen Leuchter herabgefegt. Prasselnd und funkenstiebend sauste der Meteor durch den ewigen Raum und schlug mit seiner roten blinden Stirn donnernd im Erdboden ein, eine ganze Landschaft entzündend und verwüstend.
Die Popen predigten:
»Wehe denen, die auf Erden wohnen! Die Sonne ist schwanger geworden und hat ein goldenes Kind geboren! Das wird uns peitschen mit feuriger Knute!«
Ein Rudel Wölfe heult nachts vor den Fenstern des Palastes Preobraschensk. Die Diener bekreuzen sich.
Sie wispern:
»Ein Wolfskind ist geboren, ein Wolfssohn. Die Brüder eilen, ihn zu begrüßen.«
Eine alte Wölfin gelangt bis in den Hof und jault hungrig nach den Fenstern des ersten Stockes hinauf. Natalia Naryschkina, die Zarenmutter, erwacht davon aus dem Schlaf. Sie hält den Atem an und lauscht.
Niemand wagt, die alte Wölfin zu töten.
(aus: »Pjotr. Roman eines Zaren«)

Pressestimmen

»… feierliches Leinenschwarz mit eingestanztem Namenszug in Gold. Diese im Outfit propere Buchgestalt trifft eine Komponente des schillernd Vielseitigen, der Elegant und Vagant in Personalunion war … Diese Depeschenromane, wie mit dem Fernschreiber geklappert, bedienen sich der Zeitgeiststile und steigern sie in Exzesse hinein …«
(Ulrich Wanner, Neue Zürcher Zeitung)

»Nicht allein für die kurze Zeit — weniger als zwei Jahrzehnte — des Schaffens ist sein Werk beeindruckend in seiner künstlerischen Vielfalt und sprachartistischen Souveränität … es spricht in der Tat vieles dafür, Klabund neu zu entdecken … Man sollte jetzt die Gelegenheit nutzen und ihn lesen.«
(Wolfgang Neuber, Frankfurter Rundschau)

»… der kleine Elfenbein Verlag hat mit geringen Ressourcen eine ›Werkausgabe‹ in acht Bänden in Angriff genommen, die alle selbständigen Publikationen Klabunds nach den Erstdrucken wieder zugänglich machen will. Sie tritt, nur sparsam kommentiert, dem germanistischen Großprojekt als bibliophil gestaltete Leseausgabe mit goldenem Schriftzug auf schwarzem Einband vorwitzig als Konkurrenz zur Seite. Dem Publikum kann das nur recht sein.«
(Lothar Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung)

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