Holbein: Isis entschleiert
Ulrich Holbein:
»Isis entschleiert«
Roman
Mit Index, zahlr. Abb. u. Materialien
2. Aufl. 2000, Ln. i. Sch., 384 S.
€ 35 [D] / € 36,10 [A] / sFr 50,70
ISBN 978-3-932245-30-5
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Buch

»Isis entschleiert« ist ein großangelegter Mosaikroman zum Thema Schleier und Entschleierung, der das moderne Genre des Puzzle-Romans sichtlich auf nie betretene Stufen führt. Eine Romanfigur namens ausgerechnet Ulrich Holbein verläßt seine hausbackene Geliebte Rosi, um solo auf Reise zu gehen. Er schreitet Richtung Orient, um im Tempel der Isis die nackte Wahrheit zu sehen, d. h., den hierfür zuständigen Schleier zu lüften. Hierzu werden mehrere Entschleierungsvarianten durchgeführt: sieben an der Zahl. Einige Entschleierungen verlaufen glücklich und führen zu ekstatischer Einswerdung und Erleuchtungserlebnissen, doch auch das Gegenteil, die Apokalypse im Guckkasten, nimmt seinen Lauf.
Normalerweise setzen Romanciers ihre Werke aus Worten zusammen. Holbein hingegen operiert in der »Isis« mit der nächstgrößeren Einheit: dem Zitat. Damit entsteht eine überschwappende, wahnwitzige Großcollage aus Literatur-, Film-, Gebrauchstext-, Volksmund-, und Selbstzitaten, Paraphrasen und Bildern - ein internationales Kollektivgebräu aus 5437 Zitaten von etwa 732 teilweise sehr unvereinbaren Dichtern, Denkern, Religionsstiftern, Obergurus, Ekstatikern, Ghostwritern und Illustratoren verschiedener Zeiten und Zonen, von Graf Zeppelin bis Albertus Magnus.

Autor

Ulrich Holbein, 1953 in Erfurt geboren, studierte Theologie, Biologie und freie Malerei in Tübingen und anderswo. Seit 1977 freier Schriftsteller, erhielt er als einer der interessantesten Sprachkünstler zwei Preise, zwei Förderpreise fünf Stipendien. Holbein lebt seit 1983 im hessischen Knüllgebirge. Ebenso erschienen: »Januskopfweh« und »Bitte umblättern!«

Auszug

Ulrich Holbein: Hast du nicht Angst, im nächsten Leben als Schwein wiedergeboren zu werden?
Walter Holbein: Für mich wär das Schlimmste, als Vegetarier wiedergeboren zu werden. Außerdem glaub ich nicht an Wiedergeburt.
Muhumba: In den USA glaubten 1988 70 Prozent an Reinkarnation, in der BRD 23 Prozent der Katholiken, 21 Prozent der Protestanten und 12 Prozent der Atheisten!
Ekkehard Wiederholz: Wenngleich es auch für den Angler appetitlicher sein mag, nur mit sauber gewaschenen Därmen zu arbeiten, würden sie jedoch mit einer gründlichen Säuberung im Wasser ihrer gesamten Duftstoffe und damit ihrer ganzen Anziehungskraft als guter Köder beraubt. Jegliche Därme dürfen daher nur leicht ausgedrückt, das heißt zwischen zwei zusammengepreßten Fingern hindurchgestreift, nicht aber gewaschen werden.
Leonardo da Vinci: Viele werden sich ein Haus aus Därmen bauen und sogar in ihren eigenen Därmen wohnen.
Ulrich Holbein (seinem Vater die Wurst wegreißend): Vorsicht! Du fügst ihr lebensgefährliche Bißwunden zu!
Walter Holbein (die Wurst sofort zurückerobernd): Gib das Ding her!
Ulrich Holbein: Die Wurst war damals schon mein Opa – spürst du das nicht beim Reinbeißen, wie er »Aua!« ruft?
Herta Müller: Der Fuchs war damals schon der Jäger.
Wilhelm Busch: Die Strafe bleibt nicht aus. Jeder Jäger wird mal ein Hase, früher oder später, denn die Ewigkeit ist lang.
Bishma: Geschöpfe, deren Fleisch ich in dieser Welt esse, essen das meinige in der nächsten Welt.
Elias Canetti: Das Tier, das man gegessen hat, merkt sich, wer es war. Seine Seele lebt weiter und wird im Jenseits zu einem Menschen. Dieser wartet geduldig auf den Tod seines Verzehrers. Sobald er im Jenseits ankommt, findet das Opfer ihn, packt ihn, zerschneidet ihn und ißt ihn auf.
Buddha: Ein jedes Wesen scheuet Qual, ein jedes Wesen flieht den Tod. Erkenn dich selbst in jedem Sein und quäle nicht und töte nicht.
Walter Holbein (kräftig abbeißend): Und warum ist dann der historische Buddha an Fleischvergiftung gestorben?
Li Yü: Die Pflanzen leben ohne Mund und Magen, und der Fels und die Krume haben ihr Auskommen ohne jegliche Nahrung. Warum müssen also wir Mund und Magen haben?
Waldhirt Stormberger von Apoig: Jeder wird einen anderen Kopf haben. Eckhard Henscheid: Hütet Euch vor den falschen Propheten! Ihr Name lautet meistens »Handke«! Glaubt’s dem Mann kein Wort! Sondern lieber mir! Und nach meinen Informationen will sich dieser Handke nächstes Jahr mit Dalai Lama oder Billy Graham zusammentun!
Empedokles: Wollt ihr nicht endlich Halt gebieten dem scheußlichen Morden? Fühlt ihr nicht, daß ihr euch selbst zerfleischt im finsteren Wahne?
Pythagoras: O welche sündhafte Tat, Leiber im Leib zu begraben!
Walter Holbein: Was schreien diese historischen Herrschaften hier so herum? So unkontrolliert! Die haben wohl zuviel Blutwurst gegessen!

(aus dem Kapitel »Eingehüllt im Bio-Schleier der Maja«)

Pressestimmen

»Einfallsreichtum, Witz und Spielfreude Ulrich Holbeins suchen in der deutschen Gegenwartsliteratur ihresgleichen.«
(Matthias Bischoff, Frankfurter Allgemeine Zeitung)

»Die deutschsprachige Gegenwartsliteratur hat sich seit längerem nicht mehr so gekonnt auf einen auch phantastisch begabten Kopf gestellt.«
(Ludger Lütkehaus, Die Zeit)

»Hier ist ein Geist am Werk, der wie aus dem jungen Jean Paul, dem Walter Benjamin der hintersinnig-skurrilsten Stunden und dem Arno Schmidt seiner kauzigsten Minuten gekreuzt erscheint.«
(Jörg Drews, Basler Zeitung)

»Ulrich Holbein ist ein sprachsinnig durchtriebener Satiriker auf dem besten Weg vom Geheimtip zur Institution.«
(Der Spiegel)

»Holbein ist ein Welt- oder zumindest Deutscher Meister der geistreichen Endlos-Paraphrase.«
(Martin Krumbholz, Die Tageszeitung)

»Holbeins Bücher bereiten einen Spaß, den es seit Arno Schmidt in unserer Literatur nicht mehr gegeben hat.«
(Klaus Modick, Frankfurter Rundschau)

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