Zwei junge Frauen in Berlin. Die eine reich, die andere klug. Beide erstaunt über die Sinnlosigkeit des Lebens, die unendlichen Freuden des Shoppens und den unstillbaren Kummer, den es mit sich bringt: »Ich denke an Gucci, bin aber noch im Versace-Store!«
Beide haben sie die Männer satt. Die Allerweltsaffären. Beide sind käuflich, aber deshalb noch lange nicht lieb.
Sie suchen sich einen Mann, älter, mit seltsamen Leidenschaften, und nehmen ihn aus. Geld, Geschenke, der Traumurlaub zu dritt. Die Schafsgeduld. Das Lauern auf den Wolf.
Sie gaukeln ihm vor, wovon sie selbst keinen blassen Schimmer haben: Liebe. Ein Betrug, der tödlich endet.
Nina Bentz, geboren 1977 in Berlin, studierte ein bisschen und jobbte beim Fernsehen. Inzwischen tanzt sie abends Tango, trifft nachts Prominente und verbringt die Nachmittage mit Françoise Sagan.
Natürlich hätte ich Rüdiger übersehen können. Er war einfach dazu geschaffen, übersehen zu werden, so dezent gab er sich, aber ich hasste diese öligen Typen, die vierundzwanzig Stunden am Pool herumlungerten, weil sie den Amphibien näher standen als ihren zweibeinigen Verwandten an Land. Ich hasste solche Männer, die leicht zu haben waren, die meinen Widerstand nicht reizten, meinen Kopf unbeschäftigt ließen. Ich bildete mir ein, jeden Mann verführen zu können. Bei Rüdiger war das anders. Er blickte lächelnd an mir vorbei – wie ich an einem Stück Sachertorte, dem ich entsagen muss. Nur hatte ich für meine Abstinenz fassbare Gründe, er durfte keinen einzigen Grund haben. Er war ein Mann! Allerdings einer, der Sex offensichtlich als Unhöflichkeit betrachtete …
Ich trat jeden Stein des schmalen Terrassenwegs, der zu unserer Hütte führte, ein wenig fester in den Boden. Das gab mir Kraft. Manchmal verachtete ich mich dafür, so viel Energie aus schlechten Gefühlen zu ziehen, aber irgendwann hatte ich begriffen, dass Hass mehr Mut gibt als Liebe. Was wäre aus Clarice Starling im Streifendienst geworden? Ein Nichts! Erst als sie Hannibal Lecter traf, wurde sie mutig und klug. Du bist immer nur so stark wie dein Gegner. Friss ihn oder stirb.
Sich an Rüdiger zu rächen war kein irrer Impuls, der mich irgendwie völlig außer Kontrolle geraten ließ. Das war es nicht, niemals. Rache war für mich immer nur der sehr vernünftige Wunsch, anderen ihre Schuld zu Bewusstsein zu bringen: Er sollte begreifen, was er an mir verbrochen hatte.
© 2004 Elfenbein Verlag
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