„Mischt euch ein, Freunde, mischt euch ein!“, forderte der 1975 ermordete italienische Dichter und Filmemacher Pier Paolo Pasolini. Visionär beschrieb er in den 60er und 70er Jahren die drohende Zerstörung der Natur, das Aushungern der „Dritten Welt“ und die Entwertung der großen Ideen durch eine Gesellschaft, die nur noch konsumiert.
Zum 40. Todestag spürt Klimkes Essay dem politisch-künstlerischen Engagement Pasolinis quer durch Leben und Werk nach.
Pier Paolo Pasolini (1922—1975) ist vor allem durch seine sozialkritischen Filme „Mamma Roma“, „Das 1. Evangelium — Matthäus“ oder „Die 120 Tage von Sodom“ bekannt. Sein umfangreiches künstlerisches Werk besteht allerdings auch aus Romanen, Erzählungen, Theaterstücken, Drehbüchern, Gedichten sowie zahlreichen politischen Schriften. Der Mord an Pasolini ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Der zunächst geständige und verurteilte Stricher widerrief später seine Aussage mehrmals. Ein politisch motivierter Auftragsmord wird als nicht unwahrscheinlich angesehen, hatte sich Pasolini doch unmittelbar vor seinem Tode mit den heute bekannten Verstrickungen des italienischen Geheimdienstes in terroristische Attentate beschäftigt.
Mit der poetischen Wünschelrute oder dem Blindenstock des Dichters zieht Pasolini durch Rom und die Weltgeschichte, durch Elend und Ewigkeit, ganz in dem Wunsch, Indianer zu sein. Er geht flussaufwärts zurück, gegen den Strom, und lässt uns innehalten. Er will den Rückgewinn unserer Geschichte ... Sein Werk ist, so würde es Theodor Lessing formulieren, eine „Flaschenpost im Eismeer der Geschichte“. Wen sie erreicht, der weiß, er ist nicht allein. Das ist schon viel. Schließlich feiert der Dichter, Filmemacher, Essayist und Polemiker bei aller Skepsis und auch Verzweiflung den möglichen „Reichtum des Wissens“ und somit die Kunst als vielleicht einzige Möglichkeit zur Rückbesinnung und zum Innehalten. Bevor der von Pasolini vorausgesehene „Konsumfaschismus“ seine Kunden auffrisst.
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