Simon Raven: Die Reichen zahlen spät
Simon Raven:
»Die Reichen zahlen spät«
Roman
Aus dem Englischen übersetzt
von Sabine Franke
2021, geb., farbiges Vorsatz,
Lesebändchen, 264 S.
€ 22 [D] / € 22,70 [A] / sFr 29,90
Subskriptionspreis bei Abnahme des Gesamtwerks:
€ 19 [D] / € 19,60 [A] / sFr 25,90

ISBN 978-3-96160-010-6

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Romanreihe

Mit der ersten deutschen Übersetzung der Romanreihe »Almosen fürs Vergessen« kann Simon Raven nun endlich auch hierzulande entdeckt werden. Mal mehr, mal weniger locker mit dem Lebensweg des englischen Berufssoldaten und Schriftstellers Fielding Gray verbunden, der nach einem Indienaufenthalt auch auf Zypern und in Deutschland stationiert ist, umspannen die zehn jeweils eigenständig lesbaren Romane erzählerisch die Jahre 1945 bis 1973. Sie sind miteinander verwoben durch die Mitglieder einer Gruppe privilegierter Internatsschüler, die sich im ersten Band »Fielding Gray« eben anschicken, in verschiedene politische, publizistische, wirtschaftliche und militärische Schaltstellen des britischen Gesellschaftslebens aufzurücken. Berührend, unerschrocken und höchst unterhaltsam erzählt Simon Raven davon, wie »menschliches Bemühen und Wohlwollen beständig dem heimtückischen Wirken von Zeit, Zufall und der übrigen Menschheit ausgesetzt sind«. Ein elitäres Bildungssystem, der Zusammenbruch des Britischen Reiches, Suezkrise und Kalter Krieg, Atomwaffenentwicklung und Studentenrevolte bilden den Hintergrund, vor dem die moralische Hybris und die menschlichen Schwächen der britischen Oberschicht und der zunehmend auch tonangebenden »Upper Middle Class« ins Visier genommen werden.
Die Ausgabe startete im Frühjahr 2020 mit dem Roman »Fielding Gray« in der Übersetzung von Sabine Franke und wird in halbjährlichem Rhythmus durch jeweils einen weiteren Roman der Reihe ergänzt, bis sie im Herbst 2024 abgeschlossen sein wird. Subskribenten der Ausgabe wird ein Preisnachlass von € 3,— je Band gewährt.

Buch

1956 in der Londoner City, wo sich die Wege der politischen und wirtschaftlichen Elite kreuzen, und natürlich die Wege von deren Fußvolk: den Hinterbänklern und Gremienberatern, Journalisten und Verlegern, Rechtsanwälten, Sekretärinnen, Zimmerwirtinnen — ganz zu schweigen von den Ehefrauen, den Geliebten und den gegen Geld Liebenden. Es geht das Gerücht, dass das aufstrebende Wirtschaftsmagazin »Strix« einen neuen Eigentümer sucht. Holbrook, ehrgeiziger Anteilseigner einer kleinen Reklamedruckerei, sieht seine große Chance gekommen, denn »Strix« verspricht Rang und Einfluss auf höchster Ebene. Doch auch den gewieften Redakteur des Magazins, Somerset Lloyd-James, drängt es näher zur Macht. Um bald alle Fäden in der Hand zu halten, lotst er einen alten Schulfreund auf einen Sitz im Herausgebergremium. Doch ausgerechnet dieser aufrichtige und tüchtige Nachwuchspolitiker gerät auf dem hoffnungsfrohen Weg in die hohe Politik ins Stolpern.
In diesem weiteren Band der Romanreihe »Almosen fürs Vergessen« verfolgt Simon Raven (1927—2001) voller Vergnügen die Wege an den Hintertüren zur Macht. Wer sich dort tummelt, braucht Kapital — nur ist das nicht immer da, wo es hinsoll, und selten wird mit barer Münze gezahlt. Doch wer den Hebel an der richtigen Stelle anzusetzen weiß, kann Dinge in Bewegung bringen. Und so versucht jeder, den eigenen Wert im Gefüge der Begehrlichkeiten auszutarieren.

Autor

Simon Raven (1927—2001) besuchte als Spross einer Strumpffabrikantenfamilie die elitäre Charterhouse School, von der er 1945 wegen homosexueller Handlungen relegiert wurde. Unter seinen Mitschülern waren u. a. James Prior (später Minister im Kabinett von Margaret Thatcher) sowie der spätere Herausgeber der »Times«, William Rees-Mogg. Beide hat er in der Romanreihe »Almosen fürs Vergessen« literarisch verewigt. Nach seinem Militärdienst, den Raven als Offiziersanwärter in Indien ableistete, studierte er ab 1948 am King’s College in Cambridge Altphilologie. Er wurde Vater eines Sohnes und heiratete widerwillig. In finanzielle Schwierigkeiten geraten, trat er erneut in die Armee ein, wurde in Deutschland und in Kenia stationiert, quittierte den Dienst aber schließlich, um eine unehrenhafte Entlassung wegen Wettschulden abzuwenden. Fortan widmete er sich der Schriftstellerei und arbeitete als Literaturkritiker. Der Verleger Anthony Blond nahm ihn 1958 unter der Bedingung, mindestens 50 Meilen von Londons Vergnügungsstätten entfernt zu wohnen, unter Vertrag — ein Arrangement, das sich drei Jahrzehnte bewährte. Ein ausschweifender Lebenswandel, kühne Meinungen, seine offen ausgelebte Bisexualität und die Tatsache, dass er das Material für seine Bücher aus dem unmittelbaren Freundeskreis gewann und mit freizügigen Sexszenen und scharfzüngigen Urteilen über die Gesellschaft kombinierte, verschafften ihm einen Ruf als Schandmaul unter den englischen Nachkriegsautoren. Gleichwohl wurde er von namhaften Kollegen wie etwa Anthony Powell nicht nur als Literaturkritiker, sondern auch als Literat geschätzt. Sein 10-bändiger Romanzyklus »Alms for Oblivion« (1964—1976) wird heute mit dem Werk von Lawrence Durrell, Graham Greene, Anthony Powell und Evelyn Waugh verglichen und Raven als »einer der brillantesten Romanciers seiner Generation« bewertet (Patrick Newley). Bekannt wurde Raven auch durch die Verfilmung von Trollopes »The Pallisers« (1974) und die Fernsehserie »Edward and Mrs. Simpson« (1978) sowie die Mitarbeit am Drehbuch für den James-Bond-Film »Im Geheimdienst Ihrer Majestät« (1969). Dem Vorwurf, ein Snob zu sein, begegnete er mit dem Hinweis, er schreibe »für Leute, die sind wie ich: gebildet, weltgewandt und skeptisch«.

Pressestimmen

»Ein schönes Lesevergnügen ... ein Autor mit Kultpotenzial.« (Michael Angele, Der Freitag)

»Raven vollbringt in ›Fielding Gray‹ ein kleines Meisterstück.« (Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung)

»Raven schockiert, weil er Beschämendes mit Eleganz würdigt — und Würdevolles beschämend darstellt.« (Stephen Fry)

»Raven denkt wie ein Halunke, aber er schreibt wie ein Engel.« (The Guardian)

»Der vergnüglichste Romanzyklus, der jemals geschrieben wurde.« (A. N. Wilson)

»Selbstbewusst, weltgewandt, skurril... Ein höchst unterhaltsamer Erzählstil.« (Sunday Times)

Auszug

Was Holbrook anging, so kam ihm die Nachricht, dass Vanessa weiterhin ihren alten Gewohnheiten nachging, nur recht. Ganz abgesehen von dem beiläufigen Vergnügen, das ihm so vielleicht winkte, bot ihm das Ganze nun auch eine gute Möglichkeit, Donald von einer Hochzeit abzubringen, die sowohl ihm selbst als auch der Firma Schaden zufügen konnte.
»Sie wollen mir also«, sagte Somerset Lloyd-James, kaum dass er den Raum betreten hatte, »einen Vorschlag in Ihrem und Donalds Namen unterbreiten. Dürfte man fragen, warum Donald nicht auch hier ist?«
»Er wollte nicht, dass Sie denken, er würde in irgendeiner Weise Nutzen aus Ihrer Freundschaft zu ziehen versuchen.«
»Und dennoch will er seinen Namen in Verbindung mit dem Vorschlag genannt sehen?«
»Nur höchst ungern. Die Idee kam eigentlich von mir. Damit ich Ruhe gebe, hat Donald gesagt, ich könne mir seiner Unterstützung sicher sein, falls ich es schaffen sollte, einen Kapitalbetrag aufzubringen, der nach seinem Ermessen jenseits meiner Möglichkeiten liegt.«
»Aber Sie haben das Geld zusammenbekommen?«
»Ja.«
»Und jetzt ist Donald also überzeugt?«
»Kaum«, sagte Holbrook. »Er wird alles ihm Mögliche tun, befürchte ich, um jegliche Verhandlungstätigkeit zu verhindern.«
»Warum?«
»Weil er träge ist. Er hat so gar keine Ziele.«
»Und welches Ziel haben Sie nun für ihn?«
»Eigentümer von ›Strix‹ zu werden.«
Somerset zwinkerte missbilligend und rieb sich dann die Handflächen mit einem grauen, zerknüllten Taschentuch.
»Ich kann nicht verkaufen, was mir nicht gehört«, sagte er schließlich.

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