Howard: Ein Seemann in der Neuen Welt
P. Howard (i. e. Jenő Rejtő):
»Ein Seemann aus der Neuen Welt«
Ein analoger Revuekrimi
Aus dem Ungarischen übersetzt von Vilmos Csernohorszky jr.
2016, Klappenbroschur, 304 S.
€ 22 [D] / € 22,60 [A] / sFr 31,80
ISBN 978-3-941184-53-4
Bestellung

Buch

Willkommen zurück im lauschigen Zwielicht der Hochseeganoven! Der vornübergeneigte Leser darf endlich aufatmen, denn Jimmy Reeperbahn gibt sich wieder die »Habe die Ehre!« und nebst ihm auch seine seriösen Gesinnungskumpel aus der Hautevolee aller Häfen dieser großen, weiten Welt: vor allem seine neueste Flamme Jennifer Fiasko und der zutiefst anrüchige Kapitän Fred Unrat, ferner der schillernde Menschenhändler Sülze Strebsam und erstmalig auch der mit allen alkoholischen Wässerchen gewaschene Herr Wagner mit dem blauen Bart (Arien inbegriffen) — eines der wunderlichsten Geschöpfe aus Rejtős visionärem Wachsfigurenkabinett — und sein Spatz Arnold!
Haben Sie nicht auch schon öfter den Wunsch verspürt, zur mächtigen und be­ wunderten Kaste der Millionäre zu gehören? Natürlich haben Sie! Wenn Sie die­ sen Roman wieder aus der Hand legen, werden ihnen solche Grillen für immer ausgetrieben sein. Mr. Theo, unser Held, ist zwar Millionär, aber alles andere als beneidenswert. Nein, nicht wegen seiner charmanten Sommersprossen, sondern weil er, um seine Angebetete zu erobern, zu einem erbitterten Mittel greift, sprich: Er will ein nützliches und werktätiges Mitglied der Gesellschaft werden. Sobald als möglich, so leicht als möglich, so spektakulär als möglich.
Den ersehnten Ruhm erhofft er sich vom Wiederauffinden eines verschollenen Forschers und Entdeckers, wobei er sich eines Tricks bedient, den ihm eben dieser nur angeblich verschollene Geograf in den Kopf gesetzt hat: Er nimmt ihn einfach in einer gemütlichen Kiste mit aufs Schiff — und »findet« ihn auf einer entlegenen Insel voller Kannibalen, nachdem er ihn dort ausgesetzt hat. So weit so schön. Aber einen Strich durch diese findig-faule Rechnung machen ihm viel zu viele widrige Gestalten und schräge Umstände: ein Pestkahn, maritimer Gespensterspuk, ein verschmitztes Schoßäffchen, jede Menge schlagkräftiger Gauner, eine wiedergän­gerische Mundharmonika, ein Sammelsurium völlig untragbarer Passagiere, und vor allem eine betörend schöne Frau, die so küssen kann wie Afrika!

Autor

Unter dem Pseudonym P. Howard (1905–1943) veröffentlichte Jenő Reich alias Jenő Rejtő im Budapest der 30er Jahre seine unnachahmlichen ironischen Geschichten, die in Ungarn bis heute ungezählte Neuauflagen erlebt haben. Seine absurden Dialoge sind die einzigartige Würze der Romane Jenő Rejtős. Nicht weniger abenteuerlich tragikomisch war seine Lebensgeschichte: Aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend, wollte er nach dem Abitur Schauspieler werden, brach die Ausbildung aber ab, um durch die Welt zu streunen. In Afrika wurde er angeblich Fremdenlegionär, und mit 28 Jahren verschlug es ihn wieder nach Hause, wo er mit seinen Romanen immer erfolgreicher wurde. Der Verlag Nova riet ihm zu einem englischen Pseudonym – so wurde aus Jenő Rejtő P. Howard, ein Parodist von Abenteuer- und Kriminalromanen. Während des Krieges wurde er von den Nazis zum Arbeitsdienst nach Woronesch (Ukraine) deportiert, wo er am Neujahrstag 1943 erfror. In Ungarn zählt P. Howard, der Meister des Katastrophenwitzes, zu den beliebtesten Schriftstellern.
In den kongenialen Übersetzungen von Vilmos Csernohorszky jr. erschienen bereits die Romane:
»Ein Seemann von Welt« (2004)
»Ein Seemann und ein Gentleman« (2008)
»Ein Seemann in der Fremdenlegion« (2012)
»Ein Seemann und ein Musketier« (2014)

Auszug

Nun kamen die unterschiedlichsten Nachrichten über die »Stanley Up To Date« in Umlauf. Aurel Lumpenpack war gerade zu den Osterinseln unterwegs, als er den Weg der Expedition kreuzte. An Bord sichtete er Matrosen und zivile Personen und konnte nichts Außergewöhnliches berichten. Er beteuerte, wenn er es nicht mit seinen eigenen Augen gesehen hätte, würde er es nicht glauben. Ihm glaubte man es auch nicht. Man empfing seltsame Notsignale, und die Welt hörte erschüttert zu:
S. O. S … S. O. S … Stanley Up To Date! Kap Farör … Saure Gurken ausgegangen! … Nirgends Natriumbikarbonat! … S. O. S … S. O. S …!
Darauf folgte die Meldung des Torpedozerstörers »Renown«:
Stanley Up To Date am Kap Farör gesichtet. Morsekontakt aufgenommen. Umgehend Antwort erhalten: »Pass auf, du Rotznase! Wenn dein Vater, dieser in Ehren ergraute alte Panzerkreuzer, wüsste, dass du Schiffe ansprichst, würde er sich im Grab umdrehen. Achtung: Im Weekend, im Urlaub, zu Hause und unterwegs haben Sie keine lustigere Begleiterin als eine Nähmaschine der Firma Ericson. Erhältlich in jeder gut sortierten Drogerie.«
Hiernach verschwand das Schiff wieder mit Karacho.

Kapitän Haargel, der seit der letzten Generalamnestie mit seinem Lastschiff »Hans Albers« eine weltumspannende Wohl­tätigkeitsstiftung mit blendenden Cocktails aus Methylalkohol und Nitroglyzerin allererster Garnitur belieferte, wälzte sich zu Hause krank und schweißtriefend im Bett, seit er nahe dem Polarmeer, wo kein Mensch etwas zu tun haben kann, die »Stanley Up To Date« mit seiner ehemaligen Vizealkoholikerin Jennifer Fiasko am Steuer erblickt hatte: Auf ihrem Luxusleib trug sie einen aufregend kessen Badeanzug aus perforierter Platinfolie, eine Federboa um den Schwanenhals und auf dem Kopf einen glänzenden Zy­linderhut mit Gold- und Diamantflitter. Und vollends haarsträubend war der Anblick jenes Spatzes, der regelmäßige Kreise um sie flog wie ein Atom um seinen Kern. Die »Hans Albers« hatte sich an jenem schicksalsschwangeren Tage der Expedition genähert und noch Unheimlicheres zu vermelden: An Deck hielten sich nur einige Damen und Herren in Abendrobe und Frack auf, ihre Stimmung war ungemein gehoben, sie winkten, und auf der Kapitänsbrücke stand ein finster dreinblickender Herr mit Ziegenbart, der in roter Toga ein Orchester dirigierte. Es war das Lied »Kleine Möwe, flieg nach Helgoland«. Kapitän Haargel war ein beherzter Seebär und rief hinüber, um zu fragen, was los wäre. Ein älterer Herr, eine Art Zirkusdirektor, legte seine Peitsche auf den Stuhl und würdigte ihn folgender Antwort:
»Alle Passagiere haben Lepra! Ich heiße ungefähr Aristoteles oder Aristophanes Schwachta oder auch Knapp. (Ge­­­wünschtes bitte ankreuzen!) Nachmittags habe ich Dr. A. Winter operiert, aber ich fühle mich schon wieder besser. Und nun zu unserem absoluten Superspitzenpremiumschlager: ›Denn der Tag der Reeperbahn fängt nachts erst an.‹«

Pressestimmen

»Schräg ist das Mindeste, was zu sagen ist … Kafka meets Schweijk.«
(Hans v. Trotha, Deutschlandradio Kultur)

© 2016 Elfenbein Verlag

Startseite