Dichtung sei »nur ein heiliges Spielzeug«, hat Heinrich Heine gesagt. Aber Schiller sagte, der Mensch sei nur dort ganz Mensch, wo er spielt. Ein Spiel nur, aber doch »heiliger« Ernst? Wer sich auf Gedichte einläßt, läßt sich auf paradoxe Erfahrungen ein. Es ist die Paradoxie des Menschen, der sich durch Sprache die Welt erschließt, aber mit der Sprache auch neue Wirklichkeiten erschafft. Denn Wörter sind nicht nur Träger von Bedeutung (und als Träger von Bedeutung fast nie ganz eindeutig); sie haben als Klanggebilde auch ihre eigene Realität und Wirkmächtigkeit. Hans Kriegers neuer Gedichtband ist ein Erkundungsgang durch die Abgründe der unsicher gewordenen Welt und durch die irrlichternden Untiefen der Sprache. Ohne die Absicherung durch verläßliche Gewißheiten verknüpft der Autor Wortmuster zu geheimnisreichen Weltmustern – in der heimischen Bergwelt oder den Erfahrungen des Alltags wie in der Exotik Lateinamerikas oder dem Wurzelgeflecht der Sprachgewächse selbst. Als Wortmusiker vertraut er dabei auf die Energieimpulse des Klanges: der Rhythmus trägt den Gedanken und treibt spielend den Sinn hervor.
Hans Krieger (geb. 1933 in Frankfurt a. M.), seit 1960 in München ansässig, hat sich zunächst als Kulturjournalist einen Namen gemacht. Für seine publizistische Arbeit wurde er 1997 mit dem Friedrich-Märker-Preis für Essayistik ausgezeichnet. Er hat bisher acht Gedichtbände veröffentlicht, zuletzt »Birkenlicht« (2015). Auch als Lyrik-Übersetzer ist er hervorgetreten (Paul Verlaine: »Poèmes — Gedichte«, Marceline Desbordes-Valmore: »Tag des Feuers« und zuletzt Gabriele d’Annunzio: »Alcyone«, mit Ernst-Jürgen Dreyer und Geraldine Gabor, Elfenbein 2013).
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